In der Gemmotherapie kommen Mazerate (Kaltansatz mit Hilfe von Alkohol, Glycerin und destiliertem Wasser) von Pflanzenknospen zum Einsatz. Knospen die im Frühling kurz vorm Aufspringen sind, verfügen über omnipotente Stammzellen, die die komplette genetische Information der Stammpflanze beinhaltet. Sie besitzen die größte Heilkraft die stabilisiert, stärkt und unsere Vitalisierungs‑, Selbstheilungs- und Regenerationskräfte unterstützt.
Geschichtlich gesehen war Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) die Erste, die detaillierte Aufzeichnungen über Knospen als Heilmittel verfasste. Seit Anfang der 50er Jahre forschte der belgische Arzt und Homöopath Dr. Pol Henry an pflanzlichem Embryonalgewebe. Den Begriff der „Gemmotherapie” (lateinisch „gemma” = Knospe) definierte etwas später sein Freund, der französischen Arzt und Homöopath, Dr. Max Tétau. Die Herstellung von Gemmomazeraten wurde 2011 ins europäische Arzneibuch eingetragen.
Die Anwendung ist einfach und praktisch:
Durch das Sprühen in den Mund gelangen die Wirkstoffe innerhalb weniger Minuten über die Mundschleimhaut direkt in den Blutkreislauf und erzielen dadurch eine schnelle Wirkung. Würde es mit Wasser eingenommen werden, würden die Enzyme im Verdauungstrakt die Wirkung der knospenspezifischen Proteine wesentlich verringern. Ein Abstand von ca. 10 Minuten zum oder nach dem Essen oder Zähneputzen sollte eingehalten werden. Der Alkoholgehalt von einem Sprühstoß entspricht dabei etwas weniger als dem einer reifen Banane. Daher ist die Anwendung auch für Kinder unbedenklich. Nebenwirkungen habe ich in der gesamten Literatur keine gefunden. Gemmomittel können auch unbedenklich als Begleitung zur Schulmedizin verwendet werden.
// Standarddosierung: Man nimmt das Mittel 2 bis 3 Mal täglich. Jeweils morgens, abends und bei Bedarf auch mittags. Erwachsene nehmen 2–3 und Kinder ab sieben Jahren 1 bis 2 Sprühstöße pro Tag. Bei akuten Beschwerden (z.B. Heuschnupfen) kann das Mittel auch viertelstündlich mit 1 Sprühstoß angewendet werden. Sehr empfindliche oder stark geschwächte Personen kommen mit einer niedrigeren Dosierung besser klar. Wie bei allen pflanzlichen Heilmitteln gilt auch hier: Bei schweren oder länger anhaltenden Erkrankungen ist ein Arztbesuch empfehlenswert und kann durch Gemmomittel nicht ersetzt werden.
// Beim Sammeln ist es wichtig, nur an guten Standorten die Knospen zu nehmen – also fernab von stark befahrenen Straßen, Bahndämmen, etc. Um den Baum oder Strauch im Frühjahr auch genau bestimmen zu können ist es hilfreich, sich schon im Sommer den Ort und die Pflanze genau zu merken. Bei Unsicherheit sollte man lieber noch eine Saison warten. „Äpfel sammelt man in Kübeln, Kräuter im Korb und Knospen im Fingerhut.“ – für den Eigengebrauch ist 1 Gramm der selben Knospenart ausreichend. Eine Präzisionswaage ist für das genaue Abwiegen von Vorteil. Die Endknospe ist tabu, denn ohne sie kann die Pflanze nicht weiterwachsen. Gesammelt wird an trockenen Tagen und es sollte sofort weiterverarbeitet werden, denn das wertvolle Gut verliert schon nach ein paar Stunden seine Heilkraft. Zudem ist der richtige Zeitpunkt des Sammelns entscheidend. Die entnommenen Knospen sollten kurz vorm Aufspringen sein. Ein leichtes Grün der Blattspitzen darf man sehen, aber nicht mehr.
Ich selbst habe jedes Jahr mit einer lästigen Allergie, dem Heuschnupfen, zu kämpfen. Deswegen hab ich mir zwei verschiedene Gemmomittel angesetzt, die sich sehr gut ergänzen: Heckenrose und Schwarze Johannisbeere.
Wirkung der Heckenrose (Rosa canina) – Kinderheilmittel:
- bei viralen Erkältungskrankheiten wie Schnupfen, Ohren- und Halsschmerzen – wirkt bei Kindern im HNO-Bereich besonders gut
- stimmuliert sanft das Immunsystem
- entzündungshemmend bei akuten wie chronischen Fällen
- schmerzlindernd bei Kopfschmerzen und Migräne (in Kombination mit der schwarzen Johannisbeere)
- entzündlich-rheumatische Beschwerden und arthrotische Veränderungen der Gelenke
- besonders bei Lippenherpes und Gürtelrose mit Hilfe der antiviralen Wirkung (!)
- regelmäßig angewendet verringert es die Infektanfälligkeit
- erhöht das körpereigene Cortisol durch Anregung der Nebennieren (ähnlich wie die schwarze Johannisbeere)
Möchte man der ewig triefenden Schnupfnase bei Kindern entgegenwirken, empfiehlt sich eine Kur über 4–6 Wochen mit 1 bis 2 Sprühstößen pro Tag, dadurch wird das angeschlagene Immunsystem wieder aufgebaut.
Wirkung des Gemmomazerats der Schwarzen Johannisbeere (Ribes Nigrum):
- wirkt antiallergisch, entzündungshemmend, schmerzlindernd, abschwellend, aufbauend und stärkend
- es gilt als natürliches Kortison ohne Nebenwirkungen
- stärkt das Immunsystem
- bei Entzündungen und allergischen Reaktionen (z. B. Heuschnupfen)
- bei Rheuma, Gicht, Arthrose, Entzündungen der Atemwege, Astma, Migräne, akute Blasenentzündung
- hilft bei Akne, Ekzemen, Herpes, Psoriasis, schleimigen Husten und Erkrankungen der Mundschleimhaut
Zutaten:
- 2 bis 3 g Pflanzenknospen
- 20 g Bio Alkohol 70% Vol.
- 20 g pflanzliches (Bio) Glycerin 85% (wirkt sanfter als der Alkohol und zerstört nicht die wertvollen Proteine in der Knospe; zusätzlich löst es die fettlöslichen Stoffe)
- 20 g frisches Wasser (destilliert, abgekocht und abgekühlt oder Quellwasser)
- verschließbares, dunkles Glas für den Auszug (Mazeration)
- (Keramik-)Messer, Präzisionswaage, Schneidebrett
- Sieb oder Gaze zum Filtern
- Alkohol zum Desinfizieren
- dunkle Flaschen mit Sprühaufsatz zum Abfüllen
So gehts:
Alle Arbeitsgeräte und Behälter mit Alkohol desinfizieren. Die frischen Knospen wenn möglich mit einem Keramikmesser klein schneiden und in das dunkle Glas füllen. Alkohol, Glycerin und Wasser separat mischen und zu den geschnittenen Knospen geben. Das Glas gut verschließen und 3–4 Wochen an einem warmen, dunklen Ort (ca. 20°C) zum Ausziehen stehen lassen. Jeden Tag das Gemisch schütteln, damit sich die Wirkstoffe gut lösen können. Nach 3 bis 4 Wochen werden die Knospen durch eine Gaze abfiltriert.
Das gewonnene Mazerat kann mit weiteren 9 Teilen vom Alkohol/Wasser/Glycerin-Gemisch verdünnt werden (D1 Verdünnung), da sich aus der Knospe in etwa das 10fache an Pflanzenmasse entwickelt.
Laut Cornelia Stern (Autorin, Dozentin für Phytotherapie und Heilpflanzenkunde) bringt das Einsetzen des unverdünnten Gemmomazerats keine höhere Wirkung. Sämtliche Inhaltsstoffe sind trotz Verdünnung nachweisbar.
Das fertige Mazerat wird nun in Sprühflaschen abgefüllt und mit Datum und Inhalt beschriftet. Die empfohlene Haltbarkeit beträgt ca. 2 Jahre, um die Qualität zu gewährleisten. Und falls man den richtigen Zeitpunkt für die Knospen-Ernte verpasst hat … der nächste Frühling kommt bestimmt.